
Wandmalereien gehören zu den aussagekräftigsten, aber auch fragilsten
und fernsten Gegenständen unter den künstlerischen Hinterlassenschaften
des Mittelalters. Von der Aufnahme von Befunden über die Dokumentation bis zur Deutung und Kontextualisierung stellt die Wandmalerei die Forschung vor besonders schwierige Aufgaben. Wo die Kunst des Mittelalters diskutiert wird – sei es in wissenschaftlichen und politischen Foren, im Rahmen der universitären Lehre oder in der breiteren Öffentlichkeit von Museen und Ausstellungen – steht die Wandmalerei aus verständlichen Gründen vielfach am Rande bzw. wird allenfalls anhand des Einzelfalls behandelt, denn die Schwierigkeiten der Erreichbarkeit, der Visualisierung und Vermittlung erscheinen im Falle der Wandmalerei erheblicher als für jeden anderen Bereich der
Gattungsgeschichte der Bildkünste.
Auf der Paderborner Tagung werden signifikante Fallbeispiele sowie
Querschnittsthemen der Wandmalerei des hohen und späten Mittelalters
ins Licht neuer Forschungen gestellt. Ein besonderes Augenmerk gilt den
Phänomenen der Vielfalt, der Vermischung und der Imitation von
Techniken und Materialien, wobei sowohl restaurierungswissenschaftliche
als auch kunstgeschichtliche Positionen zu Wort kommen. Weiter wird
auch die Bandbreite der Aufgabenstellungen von Inventarisation,
Erforschung und Erhaltung von Wandmalereien und Architekturoberflächen
im Rahmen einer institutionenübergreifenden Kooperation behandelt. Aus
der Synergie der Beiträge heraus werden Konturen einer
Gattungsgeschichte der Wandmalerei entwickelt, die von den Techniken
und Materialien und deren historischen Kontexten über Aspekte der
Ortsgebundenheit, des Raumbezugs und der transregionalen Vernetzung bis
zu den Tendenzen der Bildgenese und Programmbildung und zur Typik der
Gliederung, Strukturierung und Erzählweise reichen. So wird ein
Vergleichsrahmen aufgespannt, der geographisch weit gefasst ist und von
Mittel- und Westeuropa über Italien bis zum Balkan und zum Kaukasus
reicht.
Der Standort der Tagung in Paderborn verweist auf die Nachbarschaft von
bedeutenden und teils einzigartigen Beispielen der Wandmalerei aus
allen Perioden des Mittelalters. Bei der Sondierung dieses Umfelds soll
beispielhaft aufgezeigt werden, wie sich im Prisma der
Wandmalerei-Forschung sowohl die Typik des Standorts als auch dessen
regionale und transregionale Vernetzung profilieren lässt. Nicht
zuletzt verfolgt die Tagung das Anliegen, ein Diskussionsforum für
VertreterInnen der Forschung aus verschiedenen Institutionen zu bilden
und NachwuchswissenschaftlerInnen zu fördern.
PROGRAMM
Mittwoch, 10.06.2015
Campus der Universität Paderborn, Warburger Str. 100, Hörsaal O 2
14.00 Uhr
Begrüßung
Ulrike Heinrichs (Universität Paderborn)
14.15 Uhr
Dörthe Jakobs (Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium
Stuttgart)
Maltechniken mittelalterlicher Wandmalereien
15.15 Uhr
Matthias Exner (Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege)
Die ottonischen Wandmalereien im Dom zu Augsburg
16.15 Uhr
Kaffeepause
16.45 Uhr
Ulrike Heinrichs (Universität Paderborn)
Zum Bildprogramm und zur Performativität des Gemäldezyklus der Wunder
Christi in St. Georg-Oberzell auf der Reichenau: Der Hilfe suchende
Gläubige als Akteur der Erzählung
17.45 Uhr
Caroline Schärli (Universität Basel)
Ein Bau, zwei Heilige, drei Stifter. Neue Studien zu den karolingischen
und ottonischen Wandmalereien der Sylvesterkapelle in Goldbach und
ihrer gegenseitigen Relation
Donnerstag, 11.06.2015
Campus der Universität Paderborn, Warburger Str. 100, Hörsaal O 2
09.30 Uhr
Anmoderation
09.45 Uhr
Mechthild Noll-Mino (Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege,
Zossen)
Erfassen, Erforschen und Erhalten – Mittelalterliche Wandmalereien im
Nordosten von Brandenburg
10.45 Uhr
Katharina Pick (Universität Paderborn)
Die Wandmalereien in der „liberaria“ (Hartmann Schedel) im Oberen
Kreuzgang des Domstifts Brandenburg
12.00 Uhr
Mittagspause
13.30 Uhr
Steffen Kremer (Universität Bonn)
Zu Sinngehalt und Funktion heraldischer Bildmotive in profanen
Wandmalereien des Spätmittelalters – Das Beispiel der Malereien in der
Sala baronale im Castello della Manta bei Saluzzo
14.30 Uhr
Barbara Schellewald (Universität Basel)
Blau – Materialität und Licht. Zum Verhältnis von Wandmalerei und Mosaik
15.30 Uhr
Kaffeepause
16.00 Uhr
Brigitta Schrade (Freie Universität Berlin)
Der „Maler des Königs“ Tewdore in Oberswanetien: Ein Beispiel für
ikonographische Programme der georgischen Wandmalerei des 11. / 12.
Jahrhunderts
17.00 Uhr
Krisztina Zsuszanna Ilkó (Central European University Budapest)
Freskenmalerei des 14. Jahrhunderts in der Slowakei: Das Letzte Gebet
Mariae in der Kathedrale von Neutra
19.00 Uhr
Abendvortrag
LWL-Museum in der Kaiserpfalz, Am Ikenberg, 33098 Paderborn
Harald Wolter-von dem Knesebeck (Universität Bonn)
Zur kunsthistorischen Einordnung der profanen Wandmalereien auf der
Gamburg im Taubertal
Freitag, 12.06.2015
Exkursion nach Soest und Höxter-Corvey
8.00 Uhr
Abfahrt von Paderborn
9.00 Uhr
Eva-Maria Bongardt (Universität Paderborn)
Ortstermin in der Kirche St. Maria zur Höhe in Soest
15.00 Uhr
Sveva Gai (Westfälisches Museum für Archäologie Paderborn)
Ortstermin im Westbau der ehem. Klosterkirche Corvey
18.00 Uhr
Ankunft in Paderborn und Ende der Veranstaltung
Die Vorträge sind öffentlich. Die Teilnahme an den Ortsterminen ist
gegen einen Unkostenbeitrag von 25 € möglich. Um Anmeldung für die
Exkursion wird bis zum 31.05.2015 gebeten.
Konzeption und Kontakt: Prof. Dr. Ulrike Heinrichs,
Ulrike.Heinrichs@upb.de, Katharina Pick M.A., Katharina.Pick@upb.de
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